Samstag, 26. August 2006

EXCERPTE ANNO 1984




















[S.] 9
Stuart Hampshire, in: (3965) 23

»Die Bedeutung eines Schriftstellers, ob Dichter, Philosoph oder Historiker … beruht nicht in erster Linie auf der bewußten Intention seines Werkes, sondern in der uns heute erkennbaren genauen Verfassung der Konflikte und imaginativen Unstimmigkeiten in ihm … Jede Form zivilisierten Lebens wird aufrechterhalten um den Preis von Verleugnungen oder Verkehrungen des Fühlens, durch Selbsttäuschung und die Bildung von Mythen und spekulativen Hypothesen, die in den Augen eines völlig neutralen und wissenschaftlichen Beobachters einer späteren Zeit als eine Art von Wahnsinn oder zumindest als eine gewisse Bereitschaft zur Selbsttäuschung erscheinen … Im allgemeinen können wir nur rückblickend erkennen, warum ein Interesse, das zu seiner Zeit marginal, scholastisch oder akademisch im schlechten Sinne des Wortes schien, in Wirklichkeit an einem scheinbar befremdlichen oder gar trivialen Material auf exemplarische Weise einen Konflikt verarbeitete, der eine viel weitreichendere Bedeutung hatte.«

Anmerkung: (3965) 23 = Ernst H. Gombrich: Aby Warburg: Eine intellektuelle Biographie. Übersetzt von Matthias Fienbrock, Frankfurt am Main : Suhrkamp, 1984 (1. Aufl.). (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft ; 476), S. 23. — Gombrich zitierte wiederum nach: Max Black (Hrsg.): The Morality of Scholarship, Ithaca, N.Y., Cornell University Press, 1967, S. 46, 51.



Ernst H. Gombrich wurde 1909 in Wien geboren. Er studierte von 1928-1933 Kunstgeschichte und Klassische Archäologie an der Universität Wien bei Julius von Schlosser, Emanuel Loewy und Hans Tietze und dissertierte über Giulio Romano als Architekt. Danach arbeitete er mit dem Kunsthistoriker Ernst Kris aus dem Kreis um Sigmund Freud zusammen.

Anfang 1936 emigrierte Gombrich nach London und arbeitete unter Fritz Saxl in der Bibliothek Warburg, die 1933 von Hamburg nach London übersiedelte. Während des Krieges arbeitete er für die British Broadcasting Corporation. Danach kehrte er an das Warburg-Institut, dessen Direktor er von 1959 bis 1976 war, zurück. Gleichzeitig war er von 1959 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1976 Professor für Kunstgeschichte an der University of London.

Gombrich war Gastprofessor u.a. in Oxford, Cambridge, Harvard sowie an der Cornell University und der University of Washington in Seattle und Ehrenmitglied des Österreichischen Kunsthistorikerverbandes und vieler anderer wissenschaftlicher Akademien und Institutionen. 1988 wurde er zum Mitglied des Order of Merit ernannt. Ernst Gombrich starb 2001 in London.

Wichtigste Publikationen:
Geschichte der Kunst, 1953 — Kunst und Illusion, 1960 — Meditationen über ein Steckenpferd, 1963 — Norm and Form. Studies in the Art of Renaissance, 1966 — Aby Warburg. Eine intellektuelle Biographie, 1970 — Kunst, Wahrnehmung, Wirklichkeit, 1977 — Kunst und Fortschritt, 1978 — Ornament und Kunst, 1892 — Bild und Auge, 1982.



Diese Warburg-Biographie ist im Hause Suhrkamp schon lange vergriffen = aus dem Programm genommen worden. Eine Neuausgabe ist kürzlich im PHILO Verlag erschienen (ISBN 3-86572-541-4):